Eine Frage der Perspektive

[MichaelC]

An verschiedenen Stellen wurde hier in den letzten Tagen darüber geklagt, dass der DEUVET den Kontakt zur Basis verliere, der Szene der Nachwuchs ausginge und Golf I nunmal keine Oldtimer seien.Nun, das ist nicht zu letzt auch eine Frage der Perspektive. In diesem Jahr wird der Geburtsjahrgang 1985 volljährig. Dieser Jahrgang kennt Golf I, C-Kadett und 123er nur als mehrjährige Gebrauchtwagen. Vielleicht sind das aber die Autos, mit denen sie nach der Entbindung aus dem Krankenhaus abgeholt wurden...Die Eltern dieser Führscheinanfänger sind überwiegend in den 60ern groß geworden und haben in den 70ern den Führerschein gemacht. Da war die Messingfration schon mächtig aus der Mode und man fuhr vielleicht Käfer. (Der wurde auch 20 Mio. mal gebaut und ist heute trotzdem ein anerkannter Oldtimer, warum also nicht auch in vier, fünf Jahren der Golf I?!)Heute werden die Schüler nach der 10. Klasse entlassen oder machen Abitur. Ein großer Teil studiert und muss bis 25 oder 30 warten, bevor einigermaßen Geld verdient wird. Wenn sich diese Generation ein Auto leisten kann, dann muss es alltagstauglich sein. Der Drittwagen für den Sommer ist schlichtweg nicht bezahlbar. Wenn das Reihenhaus erst mal abbezahlt ist, sieht das ganz anders aus.Es ist nicht so, dass der Oldtimerszene der Nachwuchs fehlt. Die Szene verändert sich! Wer allerdings seinem Mikrokosmos verhaftet bleibt, der wird bald sich alleine fühlen. GrüßeMichael

[arondeman]

Falsch!!Zumindest in dieser einseitigen Darstellung. Die Frage, ob junge Leute zwangsläufig nur Autos als "alt" begreifen, die zu ihrer Zeit noch die völlig normalen Alltagsgebrauchtwagen sind, greift viel zu kurz!!Ich will Dich jetzt nicht (als Beispiel) nochmal mit der Litanei der Leute aus meinem Bekannten- und Freundeskreis strapazieren, die alle zwischen 1970 und 1975 geboren wurden und deren Autos alle zwischen ca. 1949 und 1960 gebaut wurden, und auch nicht mit anderen Beispielen dafür, wie alt die Autos sein dürfen oder können, die man als "alt" erkennt. Lies einfach die entsprechenden Beiträge in den Threads der allerletzten Zeit nach, dann wirst Du verstehen, was manche Leute hier im Forum damit meinen.Das mit dem "nicht bezahlbar" halte ich für wenig stichhaltig (wenn man nicht gerade von Autos vor 1930 oder reinen Nobelkarossen redet) - zumindest wenn man sich die ganzen Jungspunde und ihre auf Pump gekauften 20000-EUR-Kisten anschaut. Es ist vielmehr eine Frage der inneren Einstellung. Alles zugleich haben zu wollen, geht halt auch bei der Generation Golf und deren Nachfahren nicht. Und ob Messingautos "aus der Mode sind" (dieser "Mode"-Begriff ließe sich auch auf alle anderen betagteren Fahrzeuge jenseits der als Disco-Hobel verschlissenen Gebrauchtwagen anwenden), ist relativ egal, die Feststellung ist aber ziemlich entlarvend für das eigentliche Grundproblem: Einen Old- oder Youngtimer sollte man sich nicht halten, weil das Mode ist, sondern weil man eben dem Diktat der Mode etwas Eigenes entgegensetzen möchte. Ob das ein Golf I, eine Isabella oder ein Ford A ist - sei's drum, Hauptsache aus Überzeugung und nicht um der Mode willen!Soviel zur Frage der Perspektive ... Deine stimmt jedenfalls so wenig wie die, die Du beanstandest. Es gibt nämlich einfach zuviele unterschiedliche (persönliche) Perspektiven! Soviel als DenkanstoßSchönen Feierabend!Stephan

[Mario]

Hallo Freunde,ich kann dieses Gejammere ob des fehlenden Nachwuchses nicht mehr hören !Es ist nunmal so, daß sich der Mensch für diverse Dinge interessiert, bzw.im Laufe der Zeit Neigungen entwickelt. Ob diese Neigungen/Interessen durch den Verwandten-/Bekanntenkreis ausgelöst werden oder durch reine Neugierde des einzelnen, ist zweitrangig.Wenn es denn nun so ist, daß der Szene der Nachwuchs fehlt, so kann es auch an schlichtem Desinteresse liegen. Wir leben in einer von Modeeinflüssen geprägten Welt. Momentan sind Oldtimer (Gott sei Dank)aus der Mode, zumindest was die breite Masse betrifft.Und derjenige, der sich beginnt für Oldtimer zu interessieren, muß nicht erst wie ein Schuljunge daran hingeführt werden, sondern entwickelt aus eigenem Antrieb ein Interesse. Wird Veranstaltungen besuchen, sich mit Literatur eindecken, etc.etc.Lustig fand ich in einem anderen Thread die Klage bzgl.fehlenden weiblichen Nachwuchses. Da frage ich ganz offen und provokant na und ? Brauchen wir jetzt etwa schon die "Quotenfrau" im Hobby ? Wenn sich die Mehrzahl der Frauen nunmal nicht für Autos/Technik/selberschrauben etc.interessiert, so ist das für die Szene völlig unerheblich. Umso erfreulicher, wenn man mal einer Frau begegnet, die sich für die Oldtimerei begeistern kann.Ich gebe im übrigen Stephan vollkommen Recht. Man kann doch nicht ein Hobby, welches überwiegend aus Emotionen besteht, versuchen in rationelle oder gar mathematische Muster zu pressen. So nach dem Motto, "die 1985er Jahrgänge werden sich überwiegend für Fahrzeuge von 1975-1990 interessieren", nur weil sie irgendwelche Kindheitserinnerungen daran knüpfen. Ich glaube, so funktioniert das nicht.Und die Frage, ob denn Golf I ein Oldtimer sei/werden wird ist unstrittig, sobald er die 30 Jahre überwunden hat. Ob er allerdings, emotional betrachtet, als Oldtimer durchgeht, steht auf einem anderen Blatt.Viele Grüße,Mario

[MichaelC]

Falsch verstanden - bzw. doch richtig. Wenn ich schreibe, dass es ein Frage der Perspektive ist, dann um zu zeigen, dass es mehr als eine gibt.Mir ging es darum, dass die "jungen" zum Golf I einen ganz anderen Bezug haben, als beispielsweise zur Isabella. Jede Generation hat "ihre" Autos. Nur für den Geburtsjahrgang 1985 sind Autos aus den 70ern schon alt, für Rentner und Pensionäre hingegen sind sie vielleicht noch neu. Eine Frage der Perspektive halt.Jeder darf und soll sich für die Autos begeistern, die ihn/sie interessieren. Wer Spaß an Motorravern oder tiefergelegten GTIs hat - schön. Nur wenn man die Oldtimerszene auf Baujahr bis 1970 und bitte schön original bis zur letzten Schraube definiert, dann könnte wirklich irgendwann der Nachwuchs ausgehen. Ich finde, es ist ein bißchen wie beim Jazz. Die einen halten nur Dixieland für selig machend, andere zählen sogar HipHop dazu. Die Wahrheit liegt wie immer irgenwo in der Mitte.

[arondeman]

O.K., da sind wir uns im Wesentlichen einig.Entscheidend ist aber doch, dass man nicht so tut, als sei es ein Naturgesetz, dass sich die Jugend NUR für vergleichsweise junge Autos interessieren KANN. Das Problem ist ja auch nicht altersspezifisch. Bei uns im Club gibt's einen, der ist genauso alt wie ich (Bj. 60) und himmelt den Simca 1100 (Bauzeit 1967 bis 80er Jahre) an, weil der in seiner Schülerzeit so imposant und nagelneu im Schaufenster thronte. Mir dagegen stößt es bei dem Gedanken, ich müsste mich gewissermaßen altersbedingt für die NEUWAGEN meiner Pennälerzeit (70er Jahre) begeistern, ziemlich sauer auf! Ich hab nämlich damals, als mein Club-Spezl von den Neuwagen träumte, immer den letzten verbliebenen 50er-Jahre-Wagen im Straßenbild hinterhergeschielt, die schon damals als Gebrauchtwagen eigentlich weit überaltert waren... Und solche unterschiedlichen "persönlichen Prägungen" gab's und gibt's doch zu allen Zeiten. Kommt jetzt also nur darauf an, wie man den Nachwuchs nach der "Einstiegsdroge Golf I" vielleicht auch an was Älteres heranführt. Wart's ab - es wird in gar nicht ferner Zukunft die Zeit kommen, da stirbt eine ganze Generation von Oldtimerbesitzern ratzfatz weg und es kommen nicht nur Einzelfahrzeuge, sondern ganze Fahrzeug- und Teilesammlungen auf den Markt. Und wenn das dann mal nicht spürbar auf die Preise jener Marken drückt, die von diesem Wegsterben überdurchschnittlich betroffen sind, dann weiß ich ja auch nicht ...Am Rande: Das Problem mit dem Vorwurf, der DEUVET haben den Bezug zur Basis etwas verloren, hat ja nun erst recht nichts mit dem "Nachwuchs" zu tun. Die, die diesen Vorwurf (egal ob zu Recht oder Unrecht) erhoben, meinen sicher SÄMTLICHE Altersgruppen.In diesem Sinne ...GrußStephan

[MichaelC]

Zitat:Original erstellt von arondeman:O.K., da sind wir uns im Wesentlichen einig.Aber sicher doch! Zitat:Original erstellt von arondeman:Am Rande: Das Problem mit dem Vorwurf, der DEUVET haben den Bezug zur Basis etwas verloren, hat ja nun erst recht nichts mit dem "Nachwuchs" zu tun.Es hat nichts mit dem Nachwuchs zu tun, sondern mit der Frage, wie man die "Basis" definiert. Ist dummerweise auch eine Frage der Perspektive...GrüßeMichael

[hallo-stege]

Nur mal am Rande: also, ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mein Interesse für den BMW 2002 und das 2000er Haifischaugen Coupé entflammte. Es waren die schönsten Autos aus einem Quartett in meiner Grundschulzeit. Damals waren diese Autos aber noch ziemlich neu. Heute sind sie anerkannte Oldies ... es gibt übrigens auch (für die Jüngeren) Quartetts mit dem Golf 1 GTI - ich glaube, der ist da sogar ein Ass.Quartettspielen ist vielleicht heute für die Generation Golf nicht mehr wirklich modern, aber es gibt bestimmt immer noch Berührungspunkte mit Autos / Motorrädern, die sich irgendwie ins Hirn eingraben. von FrankPS: das Quartett liegt hier noch irgendwo in einer Schublade ...PS2: dieses Interesse hat mich übrigens nicht nur an BMW und Florett, sondern auch an ein Vorkriegsmotorrad herangeführt. Aber der Keim muß erstmal da sein.[Diese Nachricht wurde von hallo-stege am 25. Juni 2003 editiert.]

[Vette77]

Es kommt immer auf die Perspektive an !9 von 10 Betrachtern würden meine Corvette als Oldtimer bezeichnen aber einen Golf oder 123er Benz vom gleichen Baujahr ist wieder nur ein altes Auto.Käfer und Ente wären bei den gleichen Leuten warscheinlich auch Oldies...Je nach eigenem Baujahr (bei mir '73) ist die Einstiegsdroge anders. Ich kann schon verstehn, daß jemand nicht begeistert ist, wenn sein tiptop, 100% originaler, 1.Hand, 35 000 KM Golf1 GTI Pirelli edition als Schrottkiste abgetan wird, der rostige T1 Bus daneben aber in den automobilen Olymp gehoben wird.Vielleicht sollten wir uns alle etwas mehr in Toleranz üben ?

[Emozzione]

Hier der Versuch einer schmunzelnden Definitionbis 1918 - Oldtimerbis 1945 - Nachkriegsfahrzeugbis 1959 - Youngtimerab 1960 - GebrauchtwagenMit lieben OldtimergrüßenEmozzione

[oldsbastel]

In einem Punkt musst du Definition nocheinmal überdenken.Du meinst mit "Nachkriegsfahrzeugen" Fahrzeuge nach WW I. Üblicherweise ist damit WW II gemeint. Das kann zu Verwechselungen und zu Verwirrungen bei evtl. Käufern führen ...